Scheidungsvoraussetzungen Deutschland Österreich im Vergleich

Scheidungs­voraus­setzungen Deutschland–Österreich im Vergleich - Das Verschuldens­prinzip als Dreh- und Angelpunkt

25.08.2020

Eine Scheidung ist nicht nur in emotionaler Hinsicht schwierig. Es stellen sich auch zahlreiche rechtliche Fragen. Kommt auch noch hinzu, dass ein Ehegatte über eine ausländische Staatsbürgerschaft verfügt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, so kann es schon einmal kompliziert werden. Bei einem internationalen Bezug muss zunächst geklärt werden, welches Recht überhaupt Anwendung findet. Oft kommt es bei dieser Frage allein auf Schnelligkeit an. In vielen Fällen wird nämlich das Recht desjenigen Landes angewendet, in welchem zuerst ein Antrag auf Scheidung gestellt wurde. Um hier die richtige Entscheidung zu treffen, ist es wichtig, sich gut darüber zu informieren, welche Unterschiede die beiden Rechtsordnungen vorsehen und welches Recht im Einzelfall vorteilhafter ist.

Gerade ein Bezug Deutschland-Österreich ist in zahlreichen Ehen gegeben. Welche Scheidungsvoraussetzungen müssen nach den Rechtsordnungen der beiden Länder erfüllt sein und welche Unterschiede bestehen?

Der wohl markanteste Unterschied liegt in der Anwendung des Verschuldensprinzips. Während dieses in Deutschland schon seit über 40 Jahren nicht mehr existiert, gilt Österreich als eines der letzten Länder, in welchem noch Ansätze des Verschuldensprinzips vorhanden sind. Das Verschuldensprinzip spielt vor allem für zwei Fragen eine Rolle: Zum einen für die Frage, ob die Ehe zerrüttet ist und damit ein Scheidungsgrund vorliegt und zum anderen für die Frage, ob Unterhalt geschuldet wird.

Scheidungsgründe

Sowohl das deutsche als auch das österreichische Recht setzen als Scheidungsgrund voraus, dass die Ehe zerrüttet ist. An eine Zerrüttung der Lebensgemeinschaft werden jedoch unterschiedliche Anforderungen gestellt.

In Deutschland wird das Scheitern der Ehe bzw. deren Zerrüttung unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Ist der andere Ehegatte mit der Scheidung nicht einverstanden, so kann die Ehe dennoch geschieden werden Der Antragsteller muss aber dafür die Zerrüttung der Ehe nachweisen. Für die Zerrüttung genügt es, dass ein Ehepartner die Ehe nicht mehr fortführen möchte. Eine unwiderlegbare Vermutung für die Zerrüttung liegt aber auch dann vor, wenn die Ehegatten bereits seit mindestens drei Jahren getrennt leben. Der Antragsteller muss in einem solchen Fall nicht auch noch gesondert zur Zerrüttung vortragen und kann ohne Weiteres geschieden werden.

Auch in Österreich ist der wesentliche Grund für die Scheidung die unheilbare Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine Zerrüttung ist in folgenden drei Fällen anzunehmen:
Zum einen besteht die Möglichkeit, dass beide Ehegatten die Zerrüttung des ehelichen Lebensverhältnisses zugestehen und eine einvernehmliche Scheidung anstreben. Zusätzliche Voraussetzung ist dann lediglich, dass die Ehepartner seit mindestens sechs Monaten getrennt sind. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Ehegatten bereits seit mindestens drei Jahren in getrennten Haushalten leben. Aber auch nach Ablauf dieser Trennungszeit kann die Ehe nur dann geschieden werden, wenn die Wiederherstellung der Ehe nicht erwartet werden kann und die Scheidung für den Antragsgegner keine unbillige Härte darstellen würde. Wann ein solcher Härtefall vorliegt bemisst sich insbesondere nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder und dem Alter der Ehegatten. Spätestens nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aber aufgehoben werden.
Letztlich ist von einer Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft auch noch dann auszugehen, wenn ein Ehegatte eine schwere Eheverfehlung begangen hat, die Zerrüttung also zu verschulden hat. Ein Verschulden liegt etwa im Falle des Ehebruchs oder körperlicher Gewalt vor. Bei Vorliegen einer schweren Eheverfehlung des anderen Ehegatten kann die Ehe sogleich geschieden werden, ohne Rücksicht auf die Dauer einer Zerrüttung.

Für die Frage, welches Recht gewählt werden sollte, kommt es deshalb in erster Linie darauf an, ob beide Ehegatten einvernehmlich die Scheidung anstreben. In einem solchen Fall könnte eine Scheidung nach österreichischem Recht günstiger sein, weil sie hier bereits nach sechs Monaten und nicht – wie in Deutschland – erst nach einem Jahr möglich ist. Andererseits kann eine Scheidung in Deutschland in der Regel deutlich schneller als in Österreich durchgeführt werden, wenn sich ein Ehegatte gegen die Scheidung wendet. Während in Österreich im schlimmsten Fall sechs Jahre Trennungszeit ablaufen müssen, besteht in Deutschland in der Regel schon nach nur einem Trennungsjahr die Möglichkeit einer Scheidung.

Unterhalt

Eine Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt besteht sowohl in Deutschland als auch in Österreich. Hierüber besteht in vielen Fällen auch Einigkeit. Schwieriger gestaltet sich die Frage, ob auch Unterhalt für den anderen Ehegatten geschuldet ist.

In Deutschland besteht auf Seiten des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten stets ein Anspruch auf Unterhalt während des Trennungsjahres. Für den Zeitraum ab rechtskräftiger Scheidung gilt grundsätzlich das Prinzip der Eigenverantwortung, d.h. jeder Ehegatte muss für seinen Unterhalt selbst aufkommen. Derjenige Ehepartner, der nach der Scheidung nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, hat einen Unterhaltsanspruch. Das Gesetz formuliert dazu bestimmte Unterhaltstatbestände, aus denen sich nachehelicher Unterhalt und der Unterhaltsanspruch ergibt. Der nacheheliche Unterhalt umfasst dabei den gesamten Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ex-Partners. Das Maß des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Das Gesetz nimmt dabei auf diejenigen Lebensverhältnisse Bezug, die für die Ehepartner bis zum Zeitpunkt der Scheidung bestanden haben. Ausgangspunkt für die Bestimmung des nachehelichen Unterhalts ist das Bruttoeinkommen beider Partner.

Insbesondere eine lange Ehedauer und aufgrund der durch die Ehe entstandene berufliche Nachteile des die Kinder betreuenden Ehegatten, kann zu einer zeitlich längeren Unterhaltsverpflichtung führen.

In Österreich ist voller Unterhalt immer von demjenigen Ehegatten geschuldet, welcher die Zerrüttung der Ehe verschuldet hat. Dieser Ehegatte hat dem anderen, soweit dessen Einkünfte aus Vermögen und ihm zumutbarer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren. Ist ein Verschulden durch einen Ehepartner nicht gegeben, so ist nur ein sog. Billigkeitsunterhalt geschuldet, welcher mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des anderen Ehegatten bestimmt wird.

Bei einer einvernehmlichen Scheidung hingegen kommt es darauf an, was die Parteien vereinbaren. Sie können sowohl eine Unterhaltspflicht eines Ehegatten in einer bestimmten Höhe vereinbaren als auch gegenseitig auf Unterhaltsansprüche verzichten.

Abschaffung des Verschuldensprinzips

Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa, in welchem das Verschuldensprinzip noch eine Rolle spielt. Dass das noch lange so sein wird, ist zu bezweifeln. Bereits seit einiger Zeit wird diskutiert, ob das Verschuldensprinzip auch in Österreich abgeschafft werden soll, denn streitige Scheidungen ziehen das Verfahren oft erheblich in die Länge. Die Schuldfrage muss dabei erst einmal in einem meist langen Prozess ermittelt werden. Da diese Frage auch im Rahmen des Unterhalts relevant ist, werden zudem Anreize gesetzt, im Zuge der Trennung jeden noch so kleinen Fehltritt des anderen Ehegatten zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Als problematisch wird im Falle der Abschaffung des Verschuldensprinzips jedoch die Gefahr einer Benachteiligung der Frauen angesehen. Statistisch gesehen wird die Schuldfrage in den meisten Fällen zulasten des Mannes entschieden. Den Frauen, die von ihrem Mann für eine Affäre verlassen werden, würde also ein Grund für einen Unterhaltsanspruch genommen.

Ob künftig das Verschulden gänzlich an Bedeutung verlieren wird und was für ein Ausgleich in einem solchen Fall in Frage kommt, bleibt abzuwarten.

Auch Ihre Ehe hat Bezugspunkte zu Deutschland und Österreich? Die Rechtsanwälte von Transalp-Recht helfen Ihnen gerne bei der Frage, welche Rechtsordnung für Ihre Scheidung am besten zur Anwendung kommen sollte.