Die Europäische Güterrechtsverordnung

Die Europäische Güterrechtsverordnung

Aus meins wird deins und damit unser?

17.04.2019

Es gibt immer mehr Ehen, bei denen wenigstens ein Partner eine ausländische Staatsangehörigkeit hat oder das Ehepaar über im Ausland belegenes Vermögen verfügt. Bei der Scheidung von Ehepaaren oder beim Tod eines Ehegatten mit internationalem Bezug stellt sich die Frage, welches Recht auf deren güterrechtliche Beziehungen anwendbar ist und welches Gericht für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zuständig ist.

Seit dem 29.01.2019 greift eine neue europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO), die eine Erleichterung für Paare mit internationalem Bezug bedeutet. Die Verordnung gilt allerdings lediglich in 18 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, nämlich in Deutschland, Belgien, Bulgarien, Finnland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Zypern und in der Tschechischen Republik. Die übrigen Europäischen Mitgliedsstaaten haben aber die Möglichkeit, der Verordnung jederzeit beizutreten.

Die neue Verordnung regelt, welche Rechtsordnung für das sogenannte eheliche Güterrecht greift und welches Gericht zuständig ist. Bislang wurde aus deutscher Sicht primär auf das gemeinsame Heimatrecht eines Ehepaares zum Zeitpunkt der Eheschließung abgestellt: Für ein in Deutschland lebendes österreichisches Ehepaar galt damit österreichisches Güterrecht. Aus österreichischer Sicht hingegen wurde zunächst danach geschaut, ob das Ehepaar eine Rechtswahl hinsichtlich des anwendbaren Güterrechts getroffen hat. Andernfalls wurde ebenfalls auf das gemeinsame Heimatrecht eines Ehepaares abgestellt, sodass für ein in Österreich lebendes deutsches Ehepaar deutsches Güterrecht galt.

Nunmehr wird für das anwendbare Güterrecht vorrangig an den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten nach Eheschließung abgestellt. Wenn ein in Deutschland in lebendes österreichisches Ehepaar ab dem 29.01.2019 heiratet, ist somit deutsches Güterrecht anzuwenden. In Deutschland gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn nicht in einem Ehevertrag etwas anderes vereinbart wurde.

Bei Beendigung des Güterstandes – darunter versteht man entweder eine Scheidung oder den Tod – wird der Zugewinnausgleich durchgeführt. Zugewinnausgleich bei Scheidung bedeutet, dass das Vermögen der Ehegatten zu Beginn der Ehe mit dem Vermögen am Ende der Ehe verglichen wird. Derjenige Ehegatte, der den höheren Zugewinn erwirtschaftet hat (dazu zählt auch die Wertsteigerung einer Immobilie), ist dem anderen zum Ausgleich verpflichtet. Jeder Ehegatte bleibt aber auch während der Ehe grundsätzlich Eigentümer der Dinge, die er auf seinen Namen gekauft hat und des Vermögens, das er selbst erwirtschaftet hat. Es ist also nicht so, dass dem anderen Ehegatten beispielsweise automatisch ein halbes Haus gehört. Solange ein Ehegatte als Alleineigentümer im Grundbuch steht, gehört ihm trotz Zugewinngemeinschaft die Immobilie alleine.

Im österreichischen Recht gilt vorbehaltlich anderer ehevertraglicher Regelungen anders als in Deutschland der gesetzliche Güterstand der Gütertrennung. Jeder Ehegatte bleibt Eigentümer des Vermögens, das in die Ehe eingebracht oder das während der Ehe erworben wurde. Nur für den Fall einer Auflösung der Ehe (Scheidung, Aufhebung oder Nichterklärung) werden das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse aufgeteilt.

Wo liegt nun der Unterschied zwischen dem deutschen und österreichischen Güterrecht?

Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden:

Das österreichische Ehepaar Franz und Susi lebt in Deutschland. Am 30.01.2019 heiraten sie ohne Ehevertrag in München. Susi hat bereits vor der Ehe von ihren Eltern mehrere Liegenschaften in Wien übertragen bekommen. 10 Jahre später reicht Franz die Scheidung ein und fordert von Susi einen Zugewinnausgleich in Höhe von 300.000 EUR, da die Liegenschaften in Wien eine erhebliche Wertsteigerung erfahren haben. Susi hingegen ist der Meinung, dass Franz nichts bekommt, so wie es das österreichische Güterrecht vorsieht. Zu Recht?

Nach deutschem Recht partizipiert ein Ehegatte an der Wertsteigerung des Vermögens des anderen mit. Das bedeutet, dass Susi die Wertsteigerung der Wiener Immobilien i.H.v. 300.000 € tatsächlich zu Gunsten von Franz ausgleichen muss. Nach österreichischem Recht hingegen wird Vermögen, welches ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, geerbt oder geschenkt bekommen hat, in die Aufteilung bei Scheidung von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht miteinbezogen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Eheleute in einem Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben.

Susi zieht in unserem Beispielsfall damit den Kürzeren. Mit einer Rechtswahl hinsichtlich österreichischen Rechts hätte man dieses Ergebnis vermeiden können. Nach der EuGüVO besteht die Wahl zwischen dem Recht eines der Heimatstaaten und dem Recht des Landes, in dem beide oder einer der Ehepartner zum Zeitpunkt der Rechtswahl üblicherweise leben. Diese Rechtswahl muss in Deutschland mittels notariellem Ehevertrag erfolgen. Wollen die Eheleute diese Rechtswahl im späteren Verlauf ändern, z.B. weil ein Umzug ins Ausland geplant ist, ist das jederzeit möglich, sofern sich die Eheleute über die Notwendigkeit der Anpassung an die Lebenssituation einig sind.

Die Wahl des Güterstandes mit seinen unterschiedlichen vermögensrechtlichen Auswirkungen, eröffnet deutschen und österreichischen Ehepaaren zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Die Anwälte von Transalp-Recht in München und Wien stehen Ihnen dabei gerne mit ihrem Expertenwissen zur Verfügung.